Die Walser im Piemont: Die Walser sind Hochgebirgssiedler, die im 13. und 14. Jahrhundert aus dem Schweizer Wallis (wo man sie entsprechend „Walliser“ nannte) unter anderem ins Piemont einwanderten. Ihre Erfahrungen, im Hochgebirge Landwirtschaft zu betreiben, ermöglichten es ihnen auf ihren Wanderungen über die Alpen, Kolonien in Gebirgslagen zu gründen, die von anderen wegen ihrer Unzugänglichkeit gemieden wurden.

Doch warum der Auszug aus der Heimat Wallis?

Die Gründe können vielfältig sein, so herrschte vor rund 700 Jahren im Wallis große Not durch extreme Trockenheit. Eine weitere Ursache lag vermutlich auch in der Erbfolge, so wurden die Höfe jeweils nur einem Nachkommen übergeben. Da die Familien damals kinderreich waren, waren die Geschwister gezwungen, ihr Heil woanders zu suchen. Die Feudalherren gestatteten den nun „Walser“ genannten Bauern, sich anzusiedeln, und bestätigten dies mit vererbbaren Lehensverträgen. Das damit einhergehende „Walserrecht“ (Kolonistenrecht) verpflichtete die Siedler lediglich zur Abgabe eines kleinen Zinses und zum Kriegsdienst. Mit der Zeit wuchs die Zahl der Walser und entsprechend auch die der Anbauflächen. Das sicherte langfristig die Herrschaft der Feudalherren.

So ließen sich die Walser auch im Formazza-Tal (Val Formazza; dt. Pomatt) nieder. Es liegt im nördlicheren Teil des Piemonts zwischen dem Kanton Wallis und dem Kanton Tessin und fügt sich in die schweizerische Region ein. Es ist die einzige Walser-Kolonie, die direkt an das heimatliche Goms grenzt, das ursprüngliche Land der Walser. Das Tal besitzt die Eigenschaften des Hochgebirges, mit den typischen Gletschern, Gletschermühlen, Ebenen und Plateaus.

Charakteristisch für die Landschaft sind auch die vielen Wasserfälle. Der bekannteste ist der Wasserfall „Cascata del Toce“ in der Ortschaft Frua. Er fällt 143 Meter tief und wird zur Energiegewinnung genutzt. In Valsesia liegt mit Rimella die älteste und am besten dokumentierte Walsersiedlung. Eine Urkunde, die in dem Kapitelarchiv der Basilica dell‘Isola di San Giulio d‘Orta gefunden wurde, lässt die Gründung der ältesten Walsersiedlung zwischen 1255 bis 1256 genau bestimmen. Beachtenswert ist die Architektur der Walser-Häuser, die aus Holz und Steinen bestehen.

Nicht nur die Bewohner, auch die Gebäude müssen bis heute dem rauen Klima der Hochgebirgswelt trotzen. Der Unterbau aus Granit garantierte extreme Stabilität. Im Erdgeschoss lag der Stall. Im Winter hielten sich die Bewohner dort gemeinsam mit dem Vieh auf. Die nächste Etage bestand aus massivem Lärchenkantenholz. Das Walser-Museum von Alagna präsentiert sehr anschaulich die Lebensweise der Siedler aus dem Wallis. Es ist einem Bauernhaus aus dem Jahr 1628 originalgetreu nachempfunden und liegt oberhalb der Stadt. Das älteste Dokument, das von einem Walliser Einwanderer an diesem Ort berichtet, stammt von 1302. Alagna selbst ist ein beliebter Tourismusort, in dem der Besucher vielen Häusern der Walser begegnet.